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Karriere in der Arbeitswelt 4.0

Junior irgendwas, Key irgendwas, Senior irgendwas, Head of irgendwas. Die klassische Karriere stirbt langsam aus.

Dem Aufstieg auf der Karriereleiter, Stufe um Stufe, gepaart mit einem Zuwachs an Prestige, Status und Lohn, geht es bereits seit den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts an den Kragen. Denn ab diesem Zeitpunkt begannen die Firmen nach dem Vorbild des Toyota-Produktionssystems ihre Hierarchieebenen zu reduzieren. Arbeitnehmer machten in Konzernen und Verwaltungsapparaten vor allem dann Karriere, wenn es ihnen gelang, die Durchlaufzeiten zu verbessern, Personal einzusparen oder Lagerbestände zu reduzieren.  

 

In der digitalen Wirtschaft, der „Next Economy“, wird nichts mehr so sein, wie es mal war. Sie erzwingt nicht nur bei Unternehmen Veränderung, sondern erfordert auch hinsichtlich der Arbeitsformen und Karrierewege ein Umdenken. Disruptive Innovationen, neue Geschäftsmodelle, das Auslöschen ganzer Hierarchiestufen und neue Formen der Zusammenarbeit sind nur einige der Veränderungen, mit denen Arbeitnehmer zunehmend konfrontiert sind. Dem heutigen Ideal entsprechen agile Unternehmen mit flachen Hierarchien, flexiblen Strukturen, kleinen selbstorganisierten Teams und Zusammenarbeit auf Augenhöhe. In solchen Netzwerkorganisationen ist nicht nur das bisherige Führungsverständnis und -verhalten grundlegend verändert, auch die alten linearen Karrieregesetze vom Aufstieg und Machtgewinn sind vollkommen out. Jeder im Team ist in Zukunft Teil des Entscheidungsprozesses und der Lösung. Parallel hierzu scheint es auch eine Werteverschiebung innerhalb der Gesellschaft zu geben, denn das Managerdasein hat karrieretechnisch stark an Glanz verloren. Perspektiven geben stattdessen eine sinnvolle Tätigkeit, spannende Aufgaben und eine gute Work-Life-Balance. Dadurch rückt bei der Karriereplanung die persönliche Entwicklung bzw. der Aufbau der eigenen Talente immer stärker ins Zentrum. Neben dem Fachwissen werden Soft-Skills wie die Fähigkeit zur Problemlösung, Entscheidungsfindung und nicht zuletzt das kritische Denken immer mehr zum Trumph.  

 

Veränderungsbereitschaft, Lernfähigkeit, Offenheit und ein positiver Umgang mit Unsicherheit

Jederzeit bereit zu sein, sich beruflich zu verändern, Neues zu lernen und sich weiterzuentwickeln sind Persönlichkeitsmerkmale, die bereits heute von Personalern bei der Bewerberauswahl und Mitarbeiterbeurteilung hoch geschätzt werden. Das Streben in die berufliche Breite und nicht in die Höhe liegt im Trend. Dieser Trend wird sich wohl noch verstärken und dazu führen, dass Arbeitnehmer sich zukünftig auf sogenannte Mosaikkarrieren einstellen müssen. Mosaikkarrieren sind Laufbahnen, die sich aus den verschiedenen Tätigkeiten zusammensetzen, die sie im Laufe ihres Berufslebens ausüben. Anstatt in einem festen Beruf vor Anker zu liegen, sammeln sie Kompetenzen und Erfahrungen. Und die wiederum prädestinieren sie zusammen mit ihren Leistungen für neue Tätigkeiten. So können Sie beispielsweise als Ingenieur in einer Entwicklungsabteilung beginnen. Wenn Sie dann feststellen, dass Ihnen der Umgang mit Menschen leicht fällt, bietet sich Ihnen die Chance, Ihre Fähigkeit und Ihr fachliches Know-how als Vertriebsingenieur oder Consultant noch besser zu nutzen. Und vielleicht beenden Sie Ihre Laufbahn mit einer freiberuflichen Tätigkeit in einem Entwicklungsprojekt einer Unternehmung.

Ein Beispiel für ein flexibles Karrieremodell bietet bereits die Düs­sel­dor­fer Ho­tel­such­platt­form Trivago. Sie bietet ihren Mitarbeitern anstelle des klassischen Aufstiegs un­ter­schied­li­che Ver­ant­wor­tungs­gra­de in fachlicher, coachender oder stra­te­gi­scher Führung oder in reiner Fach­ex­per­ti­se an. Die Mitarbeiter haben die Möglichkeit, zwischen den Rollen und Funktionen zu wechseln, wobei keine Rolle bevorzugt wird, denn das Gehalt entwickelt sich unabhängig von der Rolle und richtet sich nach dem Wertbeitrag des Mit­ar­bei­ters. 

Doch die Kehrseite dieser zunehmenden Flexibilität, den neuen Chancen und Möglichkeiten für Arbeitnehmer ist die wachsende Unsicherheit. 

 

Die Gestaltungsspielräume werden grösser, die Planbarkeit nimmt ab

„Wo sehen Sie sich in fünf Jahren“ lautet eine typische Frage in vielen Vorstellungsgesprächen. Schliesslich sollte ein Arbeitnehmer sein berufliches Ziel immer klar vor Augen haben und nicht einfach nur vor sich hindümpeln. Planen ist in, denn es vermittelt Sicherheit. Planungen bauen jedoch auf mehrjährigen Prognosen auf, die es in der zukünftigen Arbeitswelt in dieser Form nicht mehr so geben wird. Denn wenn Sie das Gelände nicht kennen und es dafür auch keine verlässliche Landkarte gibt, dann können Sie den Weg nur so weit vorausplanen, wie das Auge reicht. Und diese Sichtweise wird immer kürzer. Darum machen langfristigere berufliche Pläne nur starr in Zeiten, in denen Flexibilität und Veränderungsbereitschaft gefragt sind. Wer sich einen zu detaillierten Plan zurechtlegt und eisern daran festhält, muss damit rechnen, viele Chancen links und rechts des Weges zu verpassen. Auch werden Festanstellungen wohl zukünftig zunehmend von freiberuflichen Tätigkeiten, der Zeitarbeit, dem Interimsmanagement sowie der Teilzeit- und Projektarbeit zurückgedrängt.

 

Vielleicht sind Sie der Überzeugung, dass die Digitalisierung in Ihrem Arbeitsbereich nicht relevant ist. Hüten Sie sich davor, den Kopf in den Sand zu stecken, denn über kurz oder lang wird jede Fach- und Führungskraft die Auswirkungen der Digitalisierung auf ihre Arbeitsinhalte zu spüren bekommen. Sie übersehen nämlich, dass Industrie 4.0 nicht ohne Mitarbeiter funktioniert, die das Thema auch umsetzen können.  

 

Wie kann Karriere im digitalen Zeitalter funktionieren?

Um in der New Economy Ihre Karriere voranzutreiben, sollten Sie Ihre Lernbereitschaft und Lernfähigkeit kultivieren und auf Ihre Arbeitsmarktfähigkeit achten. Lernen ist eine Lebensaufgabe. Karriere in der Arbeitswelt 4.0 setzt ausserdem eine periodische Selbstanalyse voraus. Nur wer weiss, was er kann und nicht kann, wird in ihr in der Lage sein, seinen Weg zu finden.

 

Welche Kompetenzen, Talente, welches Wissen und welche Eigenschaften besitzen Sie?

Welche müssen Sie entwickeln, um für potentielle Arbeitgeber wertvoll zu sein?

Was ist Ihr Nutzen für Unternehmen, wo können Sie Ihre Stärken ausspielen?

Warum sollte man Ihnen auch noch in drei oder fünf Jahren einen Job anbieten?

Welchen Marktwert besitzen Sie heute und welchen morgen? 

 

Erfolgreich gestalten kann, wer seinen speziellen Nutzen für den Arbeitsmarkt kennt, verständlich aufbereitet und sich zielgruppenorientiert vermarktet. Werden Sie zum Unternehmer in eigener Sache. Gelingt es Ihnen, Ihr Mindset an die Erfordernisse der Zukunft anzupassen, dann wird auch die Karriere im digitalen Zeitalter funktionieren. Bleiben Sie beweglich, wach und offen und scheuen Sie sich nicht, Ihre berufliche Entwicklung in neue Bahnen zu lenken, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Nutzen Sie günstige Zufälle.

 

Ihre 

Ewa Vasseur von PeopleProjects

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